So fand ich den Artikel bei Michelin:
Citroën C-Métisse
Wuchtige Front, große Lufteinlässe, riesige Räder, einhüllende Sitze und das geschärfte Profil eines Jagdbombers: der C-Métisse ist ein echter Blickfang - eine Konzeptstudie, wie sie im Buche steht.
Extravagante Studien sind ein Register, das Citroën in der letzen Jahren etwas vernachlässigt hat, zugunsten von Freizeit-Konzepten mit ausgeprägter Fun-Komponente (C-Buggy, C-Airplay), Prototypen mit dem Zeug zur Familienlimousine (C-Sportlounge, C-Airlounge) oder mehr eleganten als sportlichen Coupés (C-Airdream). Und wenn sich die Marke mit dem Doppelwinkel in der jüngeren Vergangenheit auf das Terrain von Sport und Leistung begeben hat, dann entweder um ihr Motorsport-Programm anzukündigen (mit dem C4 Sport, der zum C4 WRC wurde), oder aber auf dem Umweg über einen Tuner (Picasso Sbarro).
Einem Paukenschlag gleich enthüllt Citroën nun den flachen, breiten und eindrucksvollen C-Métisse. Normalerweise sind derart zugespitzte Konzeptstudien eher die Spezialität der anderen Marke des PSA-Konzerns, deren Wappentier der König der Tiere ist. Lange Zeit wurde man das Gefühl nicht los, dass Peugeot die Marke Citroën mit einer gewissen Herablassung verwaltete, in der Auffassung, mit der Rettung des Doppelwinkels nach der ersten Ölkrise mehr getan zu haben, als nur seine Pflicht zu erfüllen. So ging diese Rettung denn auch mit einem radikalen Einbruch bei den Ambitionen des Geretteten einher: auf die legendären Wagen DS und SM folgten Modelle wie Axel, LN/LNA und der viel zu brave ZX.
Doch wie es die Ironie des Schicksals so will, hat sich das Blatt heute gewendet und Citroën erobert sich Marktanteile in der ganzen Welt, während Peugeot zu stagnieren scheint. Vielleicht muss man den C-Métisse also als Zeichen dafür verstehen, dass sich der Doppelwinkel endlich von seinen Komplexen befreit hat.
Ein Hingucker ist er wirklich, der Citroën C-Métisse. Schon allein die ungewöhnlichen Abmessungen ziehen die Blicke auf sich: Der C-Métisse ist lang (4,74 m), breit (2 m) und extrem flach (1,24 m, d.h. 22 cm flacher als der C4!). Die gewaltigen 20-Zoll-Räder lassen die Studie noch ein Stück größer erscheinen. Die Front gibt sich aggressiv, mit einem wie Flugzeugflügel gezeichneten Doppelwinkel-Kühlergrill, spitz zulaufenden Scheinwerfern und einer Frontschürze mit großen Lufteinlässen, die an ein hungriges Maul denken lassen. Besonders faszinierend ist jedoch der Öffnungsmechanismus der vier Türen: Die vorderen Türen öffnen sich wie Flügel, während die hinteren Türen sich stolz wie Soldaten in Habachtstellung gen Himmel recken.
Doch so sehr der C-Métisse auch mit gewissen Schranken bricht, ist er doch ganz der Spross seiner Marke. So werden auch ungeübte Betrachter in der Gestaltung des Hecks eine Anspielung auf den SM sehen. Das gewölbte Heckfenster erinnert seinerseits sowohl an den CX als auch an den noch jungen C6. Die verchromten Einstiegsleisten mit dem Schriftzug "C-Métisse" greifen ein Prinzip auf, das bereits bei den letzen Konzeptstudien zum Einsatz kam. Und im Cockpit erinnern die Tasten zur Einstellung der Bodenfreiheit daran, dass irgendwo im Inneren des Fahrzeugs die legendäre Hydropneumatik am Werk ist. Das Lenkrad schließlich verweist mit seinen zentralen Bedienelementen auf der feststehenden Nabe auf den C4 und den C4 Picasso.
Frei von Komplexen aber dennoch nicht verantwortungslos. Der C-Métisse ist das Kind einer Zeit, in der sich Träume nicht mehr über die Zwänge und Belanglosigkeiten der Realität hinwegsetzen können. Die wilden 70er Jahre des Automobilbaus, in denen italienische Tuner sich immer wieder selbst an Fantasie übertrafen und ein Supercar nach dem anderen präsentierten, sind endgültig vorbei. Nach der ernüchternden Erfahrung zweier Ölkrisen und vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung musste auch der C-Métisse eine "Symbiose aus Leidenschaft und Vernunft" sein, wie der Hersteller es ausdrückt.
So verdankt der C-Métisse seine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h und seine kanonenkugelartige Beschleunigung (1.000 m aus dem Stand in 25,4 s) zum Beispiel einem sehr politisch korrekten HDi-Hybrid-Aggregat, das Höchstleistungen und zugleich niedrige Emissions- und Verbrauchswerte ermöglicht. Laut Angaben von Citroën liegen der Gesamtverbrauch bei nur 6,5 l/100 km und die CO2-Emmision bei 174 g/km.
Konkret sieht das Antriebssystems des C-Métisse so aus: Unter der Haube verbirgt sich ein alter Bekannter, der V6 HDi mit 208 PS und Partikelfilter, der mit einem Sechsgang-Automatikgetriebe kombiniert ist. Im Heck des Wagens befinden sich zwei Elektromotoren mit je 20 PS und 400 Nm, die in den Radnaben untergebracht sind. Gespeist wird das System von einem in der Fahrzeugmitte platzierten Satz Batterien. Das Antriebssystem kann in reinem Elektromodus gefahren werden, ermöglicht jedoch auch einen Allradantrieb im Stil eines Lexus RX400h. Das größte Problem bei Hybridfahrzeugen ist nach wie vor das Gewicht der Batterien. Um dieses zu kompensieren, besitzt der C-Métisse eine Kohlefaser-Karosserie, die das Gesamtgewicht des Fahrzeugs auf 1400 kg senkt. Die mittige Platzierung der Batterien ermöglicht zudem eine optimale Verteilung der Masse.
Ausgefeilte Technik und ein herausforderndes Design machen den Citroën C-Métisse zu einer der großen, angenehmen Überraschungen des diesjährigen Pariser Mondials. Und dass die Marke mit dem Doppelwinkel sich endlich mal wieder so forsche Träume erlaubt, hat schon etwas Euphorisierendes.
©
www.motorlegend.com